Mehl als Schicksalsfrage?
Jeder, der in verschiedenen Backgruppen bei Facebook unterwegs ist, kennt Posts wie diesen (der in dem Fall frei erfunden ist): “Hilfe! Ich möchte das Pane di Biancaneve backen, aber mir fehlt das Tipo 0 von der Fattoria Aisettenani in Dietrolemontagne. Was könnt Ihr mir als Alternative empfehlen?” Wahrscheinlich würden viele professionellen Bäcker über solche Fragen nur den Kopf schütteln, aber in der Hobbybäckerszene gibt es so manchen, den solche Fragen umtreiben. Und so manchen, der darauf tatsächlich kompetent Antworten geben kann. Denn Hochleistungsmehl ist bei vielen schwer angesacht.
In der Tat ist nicht jedes Mehl beispielsweise für eine lange Gare gut geeignet. Und in der Tat lassen sich die aktuell beliebten großen Poren nur mit Mehlen erreichen, die viel Protein enthalten. Protein, das heißt bei Mehl Gluten, also der Stoff (oder viel mehr die Stoffe, denn es geht um zweierlei Glutene), der für die Bindigkeit des Teiges sorgt.
Für monströse Poren braucht es Hochleistungsmehl.
BmF
Viele hinterfragen den Zweck von solch monströsen Poren – für Leberwurst oder gar feste Butter sind solche Brote ja in der Tat nicht geeignet. Umso leckerer sind sie beispielsweise zum Dippen oder als Grillbeilage. Und absolut fraglos braucht es einiges an Wissen, Erfahrung und Handfertigkeit, um ein Brot herzustellen, dass vor allem aus großen Löchern besteht. Das kann wohl jeder bestätigen, der sich daran mal versucht hat. Und es braucht das richtige Mehl. Mehl aus Getreide, das auf mitteleuropäischen Feldern eher nicht wächst. Deutsche Mehle stehen mithin – bis auf sehr wenige Ausnahmen – eher nicht auf der Liste für solche Brote.
Stattdessen stammen die Mehle, die sich für großporige Backwaren eignen, oft aus Italien, mitunter aus Kanada (Stichwort: Manitoba) oder fallweise auch aus Ungarn. Und dann geht es in aller Regel auch nicht um die im Supermarkt erhältlichen Feld-Wald-und-Wiesen-Mehle aus diesen Ländern, sondern Produkte aus winzigen Mühlen, die sich – wenn überhaupt – nur auf verschlungenen Pfaden und im Zweifel minimal im 25-Kilo-Sack beschaffen lassen. Die aber den Ruf genießen, der einzig glücklich machende Stoff für große Poren zu sein.
Ja, es macht Spaß, am Rande des Machbaren zu experimentieren, die Grenzen auszuloten und sich (und anderen 😉 ) zu beweisen, dass man die Mischung aus Wasser, Mehl, Salz und Triebmittel virtuos zu handhaben weiß.
BmF
Neu ist der Trend nicht, und er hat auch nur den zu französischen Spezialmehlen abgelöst, die ja mittlerweile fast selbstverständlich in den Vorräten vieler Hobbybäcker zu finden sind. Und es ist auch nicht der einzige Trend, der in dieser Hinsicht zu beobachten ist: Auch Urmehle aus fernen Gefilden finden immer mehr Freunde – denen es nichts ausmacht, für das Kilo Mehl 6 Euro auszugeben.
Muss das sein?
Ja, es macht Spaß, am Rande des Machbaren zu experimentieren, die Grenzen auszuloten und sich (und anderen 😉 ) zu beweisen, dass man die Mischung aus Wasser, Mehl, Salz und Triebmittel virtuos zu handhaben weiß. Und es hat etwas von Sterneküche, mit Zutaten zu hantieren, die schwer zu beschaffen sind. Liest man nicht ständig, es komme auf ein qualitativ hochwertiges Ausgangsprodukt an? Das mit 20 Euro Liefergebühr in Österreich bestellte ungarische Mehl gibt einem sicher das warme Gefühl, ein echtes Highend-Produkt gesucht und gefunden zu haben. Dazu noch handwerkliches Können… Was da aus dem Ofen kommt, ist wahrhaft exklusiv. Und in aller Regel nirgendwo im Laden zu haben.
Zweifel sind erlaubt
Und trotzdem kommen Zweifel am Trend zum Hochleistungsmehl aus fernen Landen auf. Denn für viele ist Backen ja einmal zum Hobby geworden, weil man wissen möchte, was im Brot ist. Weil man kein Brot auf dem Tisch haben möchte, das 600 Kilometer hinter sich gebracht hat. Weil man nah an der Natur bleiben möchte. Nah am Einfachen. Vielleicht auch, weil es befriedigend und faszinierend zugleich ist, aus so einfachen Zutaten wie Mehl, Wasser und Zahl etwas Besonderes zu machen, das doch kaum an Alltäglichkeit zu überbieten ist: Brot. Brot, das besser ist, als bei vielen Bäckern. Leider.
Aber sind Urmehle aus Sizilien noch eine einfache Zutat? Erfüllt ein Mehl, das 2000 Kilometer oder mehr hinter sich hat, ökologische Mindestkriterien, selbst wenn es ein Biolabel trägt? Und entspricht es dem Hobbybäckergedanken, mit so exklusiven Ingredenzien zu backen? Oder gehört es nicht viel mehr zum Brotbacken, dass sich ein unverwechselbares, außergewöhnliches Brot aus überall erhältlichen, ganz normalen Zutaten herstellen lässt?
Ist das nicht das eigentliche Ziel? Wie viele mag es geben, die die Zimtnote in diesem einen Semola tatsächlich herausschmecken, das gerade überall hochgelobt wird? Wäre es nicht viel sinnvoller, aus einem einfachen heimischen Dinkel das Beste hervorzulocken? Und es – wenn möglich – in einer kleinen regionalen Mühle zu kaufen? Nicht selten haben die auch besondere regionale Mehle Angebot – von alten Dinkelsorten über Gelb- oder Rotweizen bis hin zu Außergewöhnlichem wie Dickkopfweizen.
Sicher. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Neugierde auf Neues können wir gut nachvollziehen. Erst recht die Lust am Experimentieren. Aber oft fehlt uns dieses Hinterfragen. Und irgendwie ist dieser Run auf exklusive Zutaten auch ermüdend. Und in gewisser Weise unsportlich. Zumal er auf Menschen beschränkt bleibt, die sich teure Mehle leisten können.
Und was sagt ihr?
Geht Euch das auch so? Oder findet Ihr solche Überlegungen überflüssig? Was denkt Ihr über Hochleistungsmehl aus fernen Landen? Schreibt uns, was Ihr dazu denkt. Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussion.
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Ich backe seit Jahren schon mit Mehl aus der Mosen-Mühle, einer regionalen Wassermühle im Brohltal (kleines linksrheinisches Nebental). Die Mehle sind zwar nicht Bio – aber aus regional angebautem Getreide. Bio wird in der Mühle nur als ganzes Korn und in Demeterqualität angeboten. Vollkornmehle und Schrote (oder Flocken) mache ich daher grundsätzlich selbst mit einem normalen Haushaltsgerät. Ich erziele mit dem regionalen Mehl recht brauchbare Ergebnisse (siehe BmF / BiggisBackstube bei Insta) . Falls mir tatsächlich mal eine Sorte Mehl ausgeht (… gerade passiert mit 550er, weil Mühle geschlossen und die Müller-Familie im verdienten Urlaub…), dann greife ich auch mal auf eine Tüte aus dem Supermarkt zurück … oder plane um und backe mit Mehl was ich habe. Im Supermarkt gibts deutliche Unterschiede beim Mehl, aber der Proteingehalt ist auf jeder Mehlpackung ausgewiesen und wenn man weiß, dass mehr Protein auch mehr Gluten beeinhaltet, dann weiß man auch, welches man dann im Notfall mitnehmen sollte …
Den Hype mit Spezialmehlen sollte man m.E. als Hobbybäcker nicht so verbissen verfolgen. Es gibt für jede Mehlsorte i.d.R. auch eine brauchbare Alternative. Gerade wenn man Brot nur für einen kleinen Haushalt backt, braucht man auch nur kleine Mengen Mehl. Wenn man das Mehl nicht in der Nähe kaufen kann, muss man zwangsläufig Online bestellen und DAS ist dann wieder mit unnötigen Transportwegen und höheren Kosten verbunden. Wenn ich (z.B. im Urlaub) zufällig mal eine Mühle oder einen Laden finde, wo es interessante Mehle in überschaubaren Mengen zu kaufen gibt, nehme ich mir dann gerne auch eine Tüte mit und experimentiere zu Hause mit diesem Mehl. Ich hoffe, dass die kleine Mühle im Brohltal noch recht lange ihren Betrieb erhalten kann …
Liebe Biggi, danke für deinen Bericht und deine Sicht auf das Thema. Wir finden auch, dass kleine Mühle unterstützt werden sollten. Es ist ja auch ein kulturelles Erbe, dass wir pflegen müssen, wenn es in 10 Jahren noch solche Mühlen geben soll.
Dir noch weiterhin viel Spaß beim Brotbacken.
Beste Backgrüße Grit
Liebe Biggi,
mir geht es auch so, dass ich einfach gerne bei kleinen Mühlen kaufe. Ich liebe es zu entdecken, was sich alles für Schätze in ihren Regalen verbergen, einen Plausch mit dem Müller oder der Müllerin zu halten und Neues zu entdecken. Hier in Baden-Württemberg sind wir da allerdings auch echt privilegiert: es gibt noch unheimlich viele kleine Mühlen. Und es gibt viele Landwirte, die ungewöhnliche Sorten anbauen. An Gelbweizen komme ich hier ohne Umstände. Schon alleine deshalb möchte ich weit überwiegend mit normalen Mehlen oder regionalen Sorten backen. Auch wenn ich es immer wieder spannend finde, mit Mehlen aus anderen Ländern zu experimentieren. Nur das Online-Bestellen mag ich dabei nicht. Da fehlt dann einfach auch die Geschichte zum Mehl 🙂 Ganz abgesehen von den Transportkosten für Umwelt und Geldbeutel, den meist üblen Arbeitsbedingungen für Transporteure und den Verpackungsmüll.
Viele Grüße, Eva
Hallo Eva,
ja … bei den zahlreichen Mühlen in BW da könnte man glatt neidisch werden …
hier im nördlichen Rhld-Pfalz sind die Mühlen leider eher SEHR rar gesät … in Wohnortnähe hatten wir vor 30 – 40 Jahren noch 4 Stück … inzwischen sind sie alle geschlossen und produzieren nicht mehr … Online-Einkäufe versuche ich auch so lange es geht zu vermeiden.
Viele Grüße, Biggi
Hallo Biggi,
da Stimme ich voll zu, die Mehle von der Mosen-Mühle sind klasse.
Alles ausser Vollkornmehlen kommt nur noch von da.
Tja …
die Fragen aller Fagen. Da ich inzwischen nur noch mit zertifziertem, auch backstarken aber auch nicht viel günstigerem Bio-Mehl backe, mit dem ich sehr zufrieden bin und auch gute, auf jeden Fall vergleichbare Ergebnisse erziele, interessiert mich das ChiChi um das ganze „Masterclass“- Getue ehrlich gesagt überhaupt nicht mehr. Aber ich nehme an, wer eine 10 EUR „günstige“ Kippdiele braucht, weil ein bestimmter Stempel drauf ist, braucht auch ganz sicher das zugehörige Mehl um glücklich zu sein … 🙂
… liebe Grüße und frohes Backen
Achi
Lieber Achi,
vielen Dank für deine Meinung. Ach ja, die Kippdiele: du hast Recht, eine ohne Beschriftung ist schwer zu bekommen, fast hoffnungslos. Ich verstehe persönlich auch nicht, warum da was drauf stehen muss. Meine Lösung: Ich habe mir von meinem Schwiegervater eine machen lassen, ganz ohne Werbung 😉👍🏻. Und jetzt weiß ich, wie so etwas gemacht wird, auch ein Zugewinn und regional wie mein Mehl…, so die Kurve wieder zum Thema.
Wir wünschen dir auch noch fröhliches Backen. Beste Backgrüße Grit
Lieber Achi,
genau darum geht es mir: um das Gefühl, dass solche Sorten viel mehr Lifestyle sind als Handwerk. Manchmal hab ich das Gefühl, es geht eher um Konsum und Exklusivität als um ein Geschmackserlebnis. Und um Selbstdarstellung… Die erwähnte Kippdiele hab ich trotzdem. Aber pssst 😉 (die ist übrigens supergut, weil so schön dünn 🙂
Viele Grüße, Eva
Liebe Eva,
lächelt … klar. Hab Freude an der Kippdiele 🙂
Aber ich habe das Gefühl, dass du trotzdem umrissen hast was ich zum Ausdruck bringen wollte … Letztendlich geht es um ein alltägliches Lebensmittel, dass wir (bzw. zumindest ich) wieder so gut und naturnah als möglich herstellen wollen denk ich mal. Nicht mehr oder weniger.
Liebe Grüße und frohes Backen
Achi
Absolut, Achi, da sind wir uns völlig einig. Ich experimentiere gerne mal, aber Kern des Hobbys ist es für mich, mit normalen Mehlen Leckeres zu zaubern 🙂 Und unsere großartige Mühlenkultur zu erhalten.
Auch Dir immer eine Handbreit Teig unter den Fingern 🙂
Liebe Grüße, Eva
Hallo an Eva und Achi,
ich denke ihr habt was wichtiges herausgearbeitet: es geht um Perfektionismus und in Verbindung damit in gewissem Maße um Exklusivität und vor allem auch um Wohlstand, der aber normalisiert wird.
Und das ist eine Frage des geschickten Marketings, mit dem Hobby-Bereiche hervorragend gekapert wurden. Man denke an die Popularität von Globetrotter und anderen Outdoorausrüstern. Wer kann heutzuage Regenjacken für unter 190€ tragen kann, um in der Stadt zur U-Bahn zu laufen oder auf dem Dorf den Hund auszuführen? – in dem Fall natürlich auch Wanderschuhe für 150€ vonnöten!
Oder der Yoga-Boom. Bevor man erstmal loslegt braucht man diverse Kissen, Bücher, Räucherstäbchen usw.
Und ein gutes Brot mit offener Porung, ja dafür braucht es erstmal dieses und jenes Mehl. Sonst kannst Du es eigentlich gleich vergessen.
Hobbies zeigen mehr als man denkt eigentlich wie Wohlstand in der Gesellschaft verteilt ist. Viele Leute backen, aber alle unter sehr unterschiedlichen Bedingungen und Möglichkeiten.
Manche können sich halt 10€/kg Mehle leisten , ihre Hobby.Backstube in den Keller des Eigenheims stellen und andere halt nicht. Andere können auch keine 2, oder 1,50€ für Mehl ausgeben und können auch mit Supermarkt-Mehlen gutes Brot backen.
Denen muss man den Hokus-Pokus gewissermaßen nicht entzaubern, weil es eh nicht im Rahmen des Möglichen ist.
Ich finde es gut auch auf diese Dimension einen Blick zu haben, wenn man die Luxusseiten eines Hobbies hinterfragt 🙂
Hallo,
da sprichst du interessante Aspekte an. Hobby als Luxus …
Obwohl ich persönlich ohne Schickschnack mit Qigong angefangen habe zu Beginn der Corona-Zeit, vielleicht auch weil es online war. Kann sein, das ein Präsenz anders gewesen wäre. Aber ich halte es beim Backen auch so, nur das Nötigste, nie alles, was ich mir leisten könnte. Und ich kenne viele, die das auch so halten. Aber ich kenne auch Einige, die erst die Ausstattung kaufen, um dann festzustellen, dass Brotbacken nichts für sie ist. Oder dass eine Touriermaschine für 2x im Jahr Croissantmachen zu überdimensioniert ist. Ich habe mir angewöhnt, 2-5 Tage zu warten, wenn ich etwas Neuen kaufen möchte und jeden neuen Tag hinterfrage ich, ob ich das, was ich kaufen will, wirklich brauche. Wenn ich dann nach 5 Tagen immer noch ja sage, dann ist es OK.
Bei Mehl mag ich keine langen Wege, möchte Bio und regional oder Mehle, die durchgecheckt worden sind. Aber du hast Recht. Wir können so reden, weil wir es uns leisten können.
Also, meinst du Brotbacken ist das neue Golfen?
Erst einmal beste Backgrüße
Grit
Hallo Grit,
was ich eigentlich sagen wollte, ist dass es ein Spektrum gibt und die Außenwahrnehmung ist vlt. dass das Luxuriöse überwiegt und natürlich auch Beginnern Druck machen kann in die Richtung zu gehen, weil es dann als Standard gesetzt wird. Aber so richtig wissen, ob das jetzt stimmt, tu ich natürlich nicht. Es gibt ja nur Einsichten in den diversen Facebookgruppen und bei den Bloggern. Und da ist natürlich klar, das verkauft sich alles medial besser, wenn es schicke Fotos sind, wenn die Mehle was exklusives haben und so.
Aber. Wer es sich leisten kann bei bon’gu zB Mehle zu kaufen, soll es doch tun. Wer sich einen Mallorca oder Alpenbackkurs leisten kann, kann es ja tun. Ist ja Win-Win. Steht kein Konzern hinter, sondern Einzelne. Von daher alles gut, außer es zeigt sich halt auch dort, wer sich was leisten kann oder nicht.
Und grade Bon’gu schafft es mE sehr gut so ein Feelgood-Feeling zu verkaufen, was meines Erachtes auch idealtypisch für diesen Kommerzialisierungsprozess steht. Und wer jetzt mit Discountermehl backt wird ja in Foren auch nicht angegangen, das passiert ja eher wenn man ein Rezept mit 40g Frischhefe einstellt 🙂
Golfen hat ja glaub ich mittlerweile auch vom Elitären verloren, da kostet der Tag aufm Golfplatz mitunter vlt. auch nicht so viel.
Wie überall gibt’s halt verschiedene „Standards“ die man sich leisten können muss oder halt nicht.
Grüße
Es ist immer unser kleiner Ausschnitt auf die Welt, den wir sehen. Immer alles persönlich, objektiv ist da nie so wirklich möglich. Golfen ist in Deutschland doch eher noch elitär. In anderen Ländern ein Volkssport. Also, auch andes gesehen. In Großbritannien könnte man beim Wandern jedem Golfplatz durchqueren, das Rotwild würde darauf gehalten oder auch Schafe. Sowas wäre hier undenkbar. Oder was sagt deine Wahrnehmung? Bei Mehlen ist es auch so, was für den einen Standard ist, mag für den anderen unerschwinglich sein.Oft zählt da einfach nur der Blick in die eigene Welt und die der anderen.
Und ich finde es immer wichtig, dass das was man tut, das was an zum Backen benutzt, zu einem selbst passt und das man es ab und an wieder hinterfragt. So, dann gehe ich mal wieder backen :-). Heute gibt es Sauerteigbrote.
Beste Backgrüße Grit
Hallo,
meine persönliche Meinung hierzu ist, dass der Unterschied zwischen z.B. 550 und 00 nur marginal ist, aber dennoch vorhanden. So haben wir lange nach einen „wirklich“ gutem Pizzateigrezept gesucht, und sind irgendwann fündig geworden. Es ist ein Sauerteigrezept das 00 empfiehlt, und zumindest „gefühlt“ ist die Pizza mit dem Marino Mulino Tipo 00 noch etwas besser. Es ist bestimmt auch eine Glaubensfrage, und was man selber fühlt………., aber warum sollte ein deutsches 550 dem italienischem 00 nachstehen?
Viel wichtiger ist doch die Tatsache qualitativ hochwertige Mehle zu kaufen, und die bekommt man halt nicht für 0,29€/kg im Billigdiscounter. Meine persönliche Erfahrung ist, dass man auch die Biomehle 1-1,5€/kg von allen Discountern in dem Regal stehen lassen sollte, und sich lieber eine „gute“ Mühle suchen sollte, und dort sein Mehl auf Vorrat kauft. Meine Backwaren und Sauerteige sind mit diesen Mehlen wirklich „um Welten“ besser geworden. Die Teige werden fluffiger, gehen viel mehr auf, und haben hierdurch eine größere Porung. Ich bin kein Müller, aber dies hat wahrscheinlich mit dem höheren Kleberanteil zu tun, was die gute Mühle aus den Mehlen rauskitzelt.
Ohne einen Vorteil dadurch zu haben, ich bin nach nach einem kurzen Zwischenstop bei der DRAX-Mühle (hier ist leider der Onlineshop wegen zu hohem Bestellaufkommen oft geschlossen), bei der Biomühle Eiling gelandet.
Frohes Backen, und immer neugierig bleiben………..
Lieber Harald,
vielen Dank für deine Meinung. Die Diskussion zum Thema geht weiter.
Beste Backgrüße Grit
Hallo Harald,
eine ausgezeichnete Wahl meiner Meinung nach. Ich benutze inzwischen auch überwiegend Mehle der Eiling-Mühle. Insbesondere das neue helle Manitoba-Mehl steht den „üblichen Verdächtigen“ (die an bestimmter Stelle mittels bildhafter Sprache eher mit erotischen Vorzügen als mit stichhaltigen Daten für den Verkauf angepriesen werden) mit einem Proteingehalt von 14,6 % und einem W-Wert von 380 in nichts nach. Schon mit dem hellen und dunklen backstarken Weizenmehl kann man mit etwas Erfahrung (die man i.d.R. immer auch braucht) ausgezeichnete Artisan-Brote backen. Allerdings hat auch hier, wie es auch sein soll, Qualität ihren fairen Preis. Insofern ist es eigentlich auch „Hochleistungsmehl“ 🙂 … aber zertifiziertes Bio – Mehl aus einer aus meiner Sicht beispielhaft agierenden Mühle, was mir inzwischen sehr wichtig ist.
Liebe Grüße an Alle und frohes Backen
Achi
Lieber Harald,
es gibt ganz unbestreitbar Anwendungen, bei denen man mit „normalen“ Mehlen nicht weit kommt. Um lange Garen wie bei Pizzateigen mitzumachen, braucht ein Mehl nun mal bestimmte Eigenschaften, sonst haben die Enzyme dem Gluten den Garaus gemacht, bevor der Teig den Ofen sieht. Und auch Teigausbeuten von 200 oder darüber sind mit deutschen Mehlen wahrscheinlich nicht machbar. Und sowas mal auszuprobieren und damit Erfahrungen zu sammeln, hat ja was mit der von Dir empfohlenen Neugierde zu tun 🙂 Und ganz ehrlich: Ich mache auch gerne Nudeln. Und die schmecken uns aus Hartweizen nun mal am besten – auch wenn der leider Gottes nicht in Deutschland wächst.
Viele Grüße,
Eva
Danke für die Anregung rund um dieses Thema. Ich hatte das auch ab und zu im Newsletter angerissen.
Ich bin ein Freund davon, mit regionalem Mehl zu arbeiten und durch Umbau der Rezeptur das beste aus diesem Mehl herauszuholen. Es gibt aber Gebäcke, die nach spezielleren Mehlen verlangen, etwas das perfekte Croissant oder Panettone. Es kommt natürlich auch auf die Ansprüche an. Croissant und Panettone gelingen auch mit 550er aus Deutschland. Der Poren-Hype geht mir allerdings gegen mein ökologisches Gewissen. Grobe Porung gern, aber wenn ich Hochproteinmehle aus aller Welt einkaufen muss (Transportwege, Stickstoffdüngung etc.), um noch ein Foto einer noch größeren Pore in die sozialen Medien stellen zu können, dann hört mein Verständnis dafür auf. Ich beziehe für Spezialgebäcke einmal im Jahr Mehl aus Italien (eben Panettone), aber alles andere lässt sich auch hervorragend mit Mehlen aus hiesiger Produktion umsetzen.
Die nächste Frage in dieser Diskussion: konventionell oder bio? Bio ist bei einer vergleichbaren Weizensorte immer kleberschwächer/-ärmer als konventionell. Auch hier muss jeder Hobbybäcker abwägen, ob ihm die nachhaltige Ackernutzung oder das Brotvolumen wichtiger ist.
Meine Priorität:
1. Bio (egal ob zertifiziert oder nicht)
2. Regional
3. Klebergehalt/Kleberqualität/Sorte
Lieber Lutz,
deine Prioritäten können wir gut nachvollziehen. Vielen Dank für deine Gedanken zum Thema. Es ist immer wieder ein persönliches Aushandeln, was auf der Liste wichtiger wird. Indem wir darüber reden, es verbreiten, haben Hobbybäcker_innen die Möglichkeit, ihre eigenen Prioritäten zu hinterfragen. Und noch einmal darüber nachzudenken, was damit verbunden ist.
Dir weiterhin viel Spaß bei deinen Projekten und beste Backgrüße Grit
Lieber Lutz,
bio oder nicht bio ist eine gute Frage, über die ich immer wieder nachdenke. In kleinen Mühlen höre ich immer wieder, dass die Bio-Zertifizierung teuer und langwierig ist. Und dass die Landwirte, von denen die Mühlen ihr Getreide bezögen, durchaus nach Biokriterien produzierten, aber die Zertifizierung scheuten – auch, weil es oft Nebenerwerbslandwirte seien. Ich kann das im Einzelfall nicht nachprüfen. Aber man hört es immer wieder. Und deshalb rangiert bei mir regional aus Mühlen, die ich kenne, vor bio. Jedenfalls eindeutig vor bio aus dem Biosupermarkt. Aber vielleicht lässt sich das auch leichter sagen, wenn man im mühlenreichen Baden-Württemberg sitzt…
Viele Grüße, Eva
Ja, deshalb habe ich auch geschrieben, dass mir die Zertifizierung egal ist. Wenn ich den Bauern kenne, ihm vertraue und weiß, wie er arbeitet, dann braucht es das Zertifikat nicht. Das Zertifikat braucht es nur, wenn der Abstand zwischen Konsument und Produzent (zu) groß ist.
Ich bin nun seit über 20 Jahren Hobbybäcker, und vor 10 Jahren wurde ich in der Hobbygruppe „xxx“ zerrissen, als ich dieses Thema bereits damals ansprach … – Klar die Mega Löcher sind das einzige was im Netz zu Beurteilung kommen kann. Kein Geschmack, wird über das Netz transportiert, nur das was man sehen kann…. – daher auch die einzige Möglichkeit sich über das was zu sehen ist, darzustellen, und deshalb begann auch das Geschäft mit Manitoba, Breadflour, Pizzamehle, Panettonemehle zu florieren …. – und dabei lügt man sich ja selbst im Sack… aber was tut man nicht alles für das geilste Foto um den Backfreund um’s Eck es nochmals besser zu beweisen wie gut man ist !? ….
Dass davon mehr als 50% dem Mehl geschuldet sind, wird kaum erwähnt … im Gegenteil, man feiert sich selbst als King … aber natürlich gibt’s auch so einige Online Händler die davon extrem gut leben… Eigentlich sind es ja meist minderwertige Mehle… die teuer verscherbelt werden … Weshalb minderwertig ? – Weil viele Mehl zusätzlich mit puren Gluten angereichert werden, um diese Eigenschaften zu bekommen… diese Mehle sind ja kaum biologischer Natur, oftmals findet das Gegenteil statt – Speziell bei den Manitoba Mehlen und auch Hartweizen Getreide …. – Wahnsinnig viel Dünger und hoher Pestizideinsatz mit viel Wasser machen es möglich die Proteinwerte in die Höhe zu treiben. – Auf der anderen Seite wird prolongiert: Das glutenfrei viel gesünder sei :-)) ….
Habe selbst einige Spielchen mitgemacht, habe mich eine zeitlang dann nur auf autochthone Getreidesorten bezogen, und bin dann jetzt aktuell bei autochthon & lokal hängen geblieben … – weil es untern Strich für mich die BESTE Lösung ist… – Nebenher mache ich versuche ausländische, wertvolle autochthone Getreidesorten in heimischen Gefilden zu kultivieren. Austesten, was ist möglich, was geht, was geht nicht ….
Die Natur sagt uns was möglich ist… – halten wir uns daran, so können wir bestimmt gesunde wertvolle und reich reichhaltige Produkte erzeugen. Diesen Weg sehe ich seit einigen Jahren als ganz wertvollen, und für mich als zielführend an!
Rudolf
Lieber Rudolf, wundere dich bitte nicht, das ich den Namen der FB-Gruppe entfernt habe – wir wollen hier keine Fronten aufbauen. Es ist sehr spannend, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst und so soll es auch sein. Mit den Jahren schaut man auch mit verschiedenen Augen auf die Entwicklungen bei FB und Instagram. Auch hatten wir als Gruppe immer den Ansatz, dass wir Vieles ausprobieren wollten, doch keinen Guros hinterher laufen wollten. Im Nachhinein hat sich das als richtig erwiesen, weil wir einfach unsere eigenen Erfahrungen gemacht haben und alles ausprobiert haben, worauf wir Lust hatten. Das hat uns die Freiheit gegeben viele „Fehler“zu machen und daran zu wachsen. Bei mir selbst hat es zu zwei Quereinstiegen geführt (nach Paragraf 8 der HWO ins Bäckerei – und ins Konditorenhandwerk) und ab August zur eigenen Erlebnisbäckerei und Patisserie. : -) Ich glaube, das wäre nie so gekommen, wenn ich es nicht einfach aus Spaß begonnen hätte ohne Angst, dass ich, wenn ich die ‚Hypermehle‘ nicht verwende, keine guten Ergebnisse backen kann. Ich habe immer gelacht innerlich, wenn viele ihren „Backfuhrpark“ zeigten und ich an meinen 25Jahte alten Ofen dachte. Das Wissen macht es, nur zum Teil die technische Ausstattung. „Gutes“ Mehl reicht, das andere ist eine Windböe, die heute hier hin pustet und morgen dorthin. Es gab natürlich auch Entdeckungen, die bleiben durften, so wie du es auch beschrieben hast. Das macht das Backen auch immer bunter. Und ich bin gespannt, was die nächsten Jahre so bringen. Ich wünsche dir und uns auf jeden Fall viel Neugier, Gesundheit und Freude am Ausprobieren. Beste Backgrüße Grit
Alles bestens… stimmt, es bekämpft sich die ganze Weltpolitik, lassen wir den Frieden walten. Ja es macht mir trotz der 20j noch immer Spaß und ja … Jeder Backtrieb nimmt Einträge in der eigenen Erfahrung. Ich sehe auch gern über die Grenzen, was dort so abgeht, wie dort Produkte gesehen werden welche kulturellen Auswirkungen was verändert haben. Ja, solange man lebt tickt die Uhr in uns neues erforschen zu dürfen. Aber es gab auch Dinge die ich nicht geschafft habe … Echte Hobbyisten die zwangbefreit von den finanziell geschäftlichen trieb sind, real zusammenzubringen … und eine Ausstellung Ihrer Produkte öffentlich kund zu tun. SCHADE
Lieber Rudof,
das geht wohl alles. Im Großen bestimmt eher nicht, da kommt immer das ‚Geschäft‘ über kurz oder lang dazwischen. In und nach meinen Kursen, die ich als Teiggeflüster gebe, habe ich das oft. Und da ich meine Teilnehmenden dann nicht nur dort sondern auch in unterschiedlichsten Konstellationen wiedersehe, ist das schon wie eine Ergebnisschau. Und ein bis zweimal im Jahr treffen wir uns dann zu gemeinsamen ganz selbst organisierten Backtagen und probieren zusammen Neues aus. Das hatte ich am Anfang von BmF- Backen mit Freunden in der Community durch unsere Synchronbacken hier, es ist schon Wahnsinn, was das Team mit den Mitgliedern da immer auf die Beine gestellt hat!!!😘 Grüße ans mitlesende Moditeam ❤️. Heute mache ich das viel im direkten Kontakt und das ist für mein Backherz die wichtigste Nahrung. Alleine zuhause hat mir nie gereicht, ich wollte immer mit anderen, weil das fordert und fördert mich, spornt mich an über meinen Tellerrand zu schauen. Und das Tolle ist immer noch, wenn ich die „Backkarrieren“ weiter beobachten kann, ich mitgenommen werde und im Kleinen weiter mithelfen darf, zu wachsen. Ich glaube, das ist mein Antrieb und der Grund, warum ich mir all die Arbeit, oft auch Ärger und das stete und lebenslange Lernen gebe. Das hilft auch über Talsohlen hinweg und lässt mich weitergehen. In diesem Sinne auf zu neuen Backufern. :- ) um die nächste Ecke kann sich jetzt schon das Hobbybäckerinnenparadies befinden – wo natürliche Backwaren, gute Gespräche und Zeit für und mit Teig auf dich warten.
Liebe Backgrüße Grit
Noch ein Wort zu Bio: Ja es ist bei mir ein Muss. Meiner Ansicht deshalb da wir seit einigen Jahrzehnten systemische Spritzmittel welche in die Pflanze selbst hineingehen. Das ist mein Hauptgrund, der mich verunsichert daran zu glauben, das alle Rückstände abgebaut werden. Aber das ist jeden seine eigene Entscheidung.
Lieber Rudolf,
ich lebe jetzt seit Jahrzehnten „freiwilliges Bio“. Meine Frau hat mir den Zahn damals gezogen, in dem sie mit mir durchs Land gefahren ist und mir immer erzählt hat, was gerade auf die Felder kommt. Das war sehr heilsam. Es ist kein dogmatisches Bio, auch regional und lecker gut „haben wollen“ geht, wenn ich weiß, woher es kommt und produziert wird. Und seien wir mal ehrlich: Bio und Bio sind auch immer noch 2 Dinge. Das Einfachste ist es auch nicht, es sei denn, derjenige lebt es und kann sich keine teuren Zertifizierungen unf strengeren Auflagen leisten. Ja, auch so ein Thema, was mich jetzt bewegt.
Liebe Backgrüße Grit